«Stephen Gould verfügt über schier unbegrenzte vokale Reserven. Sein kompakter, metallisch strahlender Heldentenor behauptet sich problemlos gegen alle sonoren Stürme, die ihm aus dem Orchestergraben entgegenbrandeten und zeigte zudem durchweg optimale Tonqualität. Hinzu kam Goulds imponierendes Stehvermögen: Die mörderische Partie schien ihn überhaupt keine Anstrengung zu kosten: er sang sie ohne leiseste Spur von Ermüdung durch.
Das Wichtigste aber war die totale Identifikation des amerikanischen Sängers mit seiner Rolle. Setzte er in der ersten Szene (Venusberg) vielleicht noch etwas einseitig auf Stentortöne, so sang und agierte Gould im zweiten und dritten Akt mit kompromisslos dramatischem Temperament, mit nachgerade verwegener Leidenschaft und fand dabei Akzente und Gesten von überwältigender Ausdrucksgewalt. Einschlieβlich der deklamatorischen Verzerrungen der Gesangslinie in der Romerzählung im dritten Akt , die man ihm ohne weiteres abnehmen könnte. Sie war glaubhaft.»
Gabor Halasz, Die Rheinpfalz, 06.05.2024
Stephen Gould bezeichnet den Tannhäuser zwar als «Killerpartie», aber wenn man den Amerikaner beim Festlichen Opernabend im Nationaltheater hört, verlieren die Rufe «Erbarm Dich mein» und die kräftezehrende Romerzählung augenblicklich ihren Schrecken.. Die feurige Leuchtraketen-Höhe, in der Attacke oder Demut stecken, kann er beliebig abrufen. An den baritontiefen Abgründen erkennt man den verbitterten Pilger.
Dieser rebellische Tannhäuser schafft Verwirrung, egal wohin es ihn verschlägt. Mag Gould auch ab und an darstellerisch etwas ungelenk wirken, so gibt er dem Wartburg-Sänger doch aufgrund seiner Gröβe und der Kraft seines Heldentenors die Statur eines Wagnerschen Symbolträgers. Seine Ruhelosigkeit und sein Unvermögen, Zugeständnisse zu machen, strahlt auf die Umgebung aus.
Der Jubel richtet sich bevorzugt an den Ausnahme-Tannhäuser, …»
ML, Mannheimer Morgen, 06.05.2024